In den Feldern von Flandern
Die Geschichtsgrundkurse der Q2 erkundeten unter der Leitung von Frau Haakshorst und Herrn Osterholt am 17.Oktober 2013 die Schlachtfelder des Ersten Weltkrieges.
„In Flanders Fields the poppies blow
between the crosses row on row“
John McCrae
Der Erste Weltkrieg war ein Materialkrieg, der sich vor allem durch den Einsatz neuer Waffen mit Massenvernichtungspotential auszeichnete. Gerade in Ypern verdeutlichte sich dieses Ausmaß durch die erstmalige Verwendung von Giftgas als Mordwaffe. Der Krieg war anonym und skrupellos!
Die Felder von Flandern sind ein einziger Friedhof. Oft ganz unauffällig und hinter einem unscheinbaren Bauernhof verstecken sich Hunderte von Kreuzen und Denkmälern. Heutzutage würde niemand vermuten, dass einer so ländlichen und friedvollen Stadt so viel Grauen und Leid widerfahren ist. Rund eine halbe Millionen Soldaten sind im Ersten Weltkrieg in der flämischen Stadt Ypern gefallen. Franzosen, Briten und Amerikaner kämpften hier mit Soldaten ihrer Kolonien gegen die Deutschen.
Besonders greifbar wird der Krieg in Flandern durch den berühmten Mythos der rotblühenden Mohnblumen. Entstanden ist der Mythos rund um das Gedicht des kanadischen Arztes John McCrae, der seine Eindrücke und Trauer über das Kriegsgeschehen lyrisch verarbeitet hat. Durch das Symbol der Mohnblumen erinnert McCrae an das vergossene Blut der Gefallenen und nährt die Hoffnung, dass das Leben weitergeht. Die Mohnblume ist so im Commonwealth zum universellen Trauerzeichen geworden. Sein Gedicht ist auch heute noch eingraviert auf einer Gedenktafel auf einem englischen Soldatenfriedhof in Ypern zu finden. Hierher führte uns unser Reiseführer Jacques zu allererst. Neben einem einfachen Betonbunker, den er als luxuriösen Nachbau der damaligen Verhältnisse entlarvte, erläuterte er uns die Bedeutung des englischen Gedichtes und zeigte uns, wo genau die Eindrücke des Schriftstellers entstanden sind.
Unter dem Motto der Mohnblume führte Jacques uns weiter zum deutschen Soldatenfriedhof Langemark, dem Ort eines propagandistischen Mythos, der behauptete, die 2000 am 10.11.1914 hier gefallenen jungen deutschen Soldaten hätten sich freiwillig mit dem Deutschlandlied auf den Lippen hier geopfert.
Die Grausamkeit des Krieges wird an diesem Ort dadurch deutlich, dass auf den Grabsteinen oftmals unidentifizierte Soldaten aufgeführt sind. Noch präsenter wird der Schrecken jedoch angesichts der ca. 150000 vermissten Soldaten, von denen nach den kurzen Offensiven ins Niemandsland nicht einmal mehr Überreste zu finden waren.
Um selbst nachempfinden zu können, wie sich ein Soldat im Schützengraben gefühlt haben könnte, führte uns Jacques zum Bayernwald, einer Rekonstruktionsstätte eines typisch deutschen Schützengrabens. Die Schützengräben waren auf Augenhöhe ausgehoben und bildeten ein labyrinthartiges Geflecht, in dem Enge und Bedrückung deutlich wurde.
Den Abschluss unserer Erkundungstour bildete die Besichtigung eines Sprengungskraters, der uns insbesondere zeigte, wie die Natur die Folgen des Krieges vergessen lässt. In hundert Jahren hat sich in dem ungefähr 100-200 m² großem Loch ein See gebildet, der mit kräftigen Bäumen umwuchert ist. Niemand mag vermuten, dass dieses Bild nicht natürlich entstanden ist.
Um die Eindrücke, die wir draußen auf den Schlachtfeldern gesammelt haben, zu komplettieren, besuchten wir am Nachmittag das Museum "In Flanders Fields" in den historischen Tuchhallen von Ypern. Besonders mitreißend waren hier die Augenzeugenberichte von ehemaligen Frontsoldaten, Ärzten und Krankenschwestern. Nachgestellt wurde z.B. der 24.12.1915 an dem das Kämpfen für einen Abend niedergelegt worden ist und sich deutsche und britische Soldaten aus ihren Schützengräben gegenseitig Weihnachtslieder sangen und Geschenke überreichten.
Die auf der Exkursion gewonnenen Erkenntnisse haben den Geschichtsunterricht lebendig und emotional erfahrbar gemacht. Durch eine Stadt zu wandern, die von West nach Ost und von Nord nach Süd nur von Krieg, Grabmälern und Gedenkstätten geprägt ist, aber dennoch so ländlich, friedvoll und unbedeutend aussieht, wird nachhaltig im Gedächtnis bleiben.
Anna Lena Romanowski und Anna-Lena Hinojo